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Vermeidungsstrategien

Die Folge der Verunsicherungen in Grenzsituationen oder in Situationen in denen Männer besonders verdächtig sind, sind häufig Vermeidungsstrategien der Männer oder des ganzen Teams. So gibt es häufig die Tendenz sich nicht mit den Verunsicherungen auseinander zu setzen, sondern diese Situationen und Tätigkeitsbereiche zu meiden, um sich abzusichern und den Eltern kein Grund für Verdächtigungen zu geben.
Wir haben einige Vermeidungsstrategien, von denen uns vor allem Erzieher in den Interviews berichtet haben, zusammengetragen und möchten sie anhand von Zitaten an dieser Stelle vorstellen.

Männer führen bestimmte Tätigkeiten gar nicht erst

In einigen Einrichtungen gibt es auch Eltern oder Kolleginnen, die fordern, dass Erzieher oder männliche Praktikanten bestimmte Tätigkeiten, wie das Windeln oder Ins-Bett-Bringen von Kindern, gar nicht ausführen. Andererseits gibt es auch Männer, die aus vorauseilendem Gehorsam solchen Tätigkeiten aus dem Weg gehen.

„Und ein anderes Mal gab’s das, dass wir einen männlich Praktikanten hatten, Erzieherpraktikanten, wo die Mutter gesagt hat: ‘Ich möchte nicht, dass der die Kinder wickelt oder mit in die Schlafsituation geht.“ (Erzieherin)

Mehr-Augen-Prinzip

Bei dieser Vermeidungsstrategie steht im Vordergrund, sich gegenüber Anschuldigungen abzusichern, indem immer in „brenzligen Situationen“ – und dazu gehören zum Beispiel eine Wickelsituation oder das Alleinsein mit einem Kind in einem Raum - mindestens ein Zeuge in Blickweite ist, der beweisen kann, dass nichts passiert ist.

„Sonst gab’s eine Zeit, wo ich sehr unsicher war, gerade in der Hinsicht, dass man nicht allein zum Beispiel mit Kindern beim Wickeln oder auf dem Klo oder irgendwas sein wollte oder zumindest Tür auf haben wollte, weil gegenüber Männern gibt es da dieses Vorurteil, diese Befürchtung einfach, das du dich an den Kindern vergehst. Da hat man auch einfach so einen Selbstschutz, weil’s einem unangenehm war. Manchmal ist das einfach ne blöde Situation, in die man einfach nicht reinkommen will. Und bei Kindern weiß man ja nie, was die für Sachen erzählen. Da kann ja sonst was bei raus kommen und das muss einfach nicht sein.“ (Erzieher)

Kinder mit anderem kulturellen Hintergrund nicht a

Bei dieser Vermeidungsstrategie geht es um die vermeintlich größere Sensibilität von z.B. muslimischen Eltern gegenüber männlichen Erziehern. Hier wird in den Interviews bei vielen Erziehern deutlich, dass es im Umgang gerade mit Kindern aus anderen Kulturen große Unsicherheit gibt.

„Ich hatte mal in einem Praktikum ein kleines Mädchen und das hat sich in die Hosen gemacht und ich dachte einfach: „Naja, was macht man da? Wechselst halt die Klamotten.“ Und hinterher kam meine Anleiterin dazu und meinte, ob ich die gewechselt habe. Da meinte sie: „Oh, kannst Du nicht wissen, aber Hauptsache der Papa kriegt’s nicht mit.“ Die war eben, war Muslime. Wo ich dachte so: „Puh, ja, na. Das wäre jetzt nicht so toll.“ So ein Ding, wo man dann an so ne Grenzen stößt. Aber es ist ja in deren Religion, ich hab ja jetzt mich nicht vergangen an ihr, aber es ist überhaupt nicht in Ordnung eigentlich.“ (Erzieher)

Tabuisierung aus Angst vor Verdächtigung

Aus Angst vor Verdächtigungen oder aber aus eigener Unsicherheit im Umgang mit Grenzsituationen neigen viele Erzieher_innen dazu, die Thematisierung solcher Situationen zu meiden. Das Thema „Generalverdacht“ wird tabuisiert und deshalb nicht ausreichend im Team und mit den Eltern besprochen, notwendige Vereinbarungen werden nicht ausgehandelt. Dadurch entsteht Verunsicherung, gerade für Männer, die eher im Fokus von Verdächtigungen stehen.

„Es ist immer noch ein ganz großes, mit Vorsicht zu genießendes Thema und ich glaube, dass ja auch in der Elternschaft einige sind, die vielleicht auch selbst schlimme Erfahrungen gemacht haben und die vielleicht auch gar nicht darüber reden wollen. Nicht über ihre eigenen Erfahrungen, aber generell über so eine Thematik.“ (Erzieher)

In den Interviews war recht auffällig, dass die Erzieher fast alle von Vermeidungsstrategien berichtet haben. Oftmals seien diese nur zu Beginn der Erziehertätigkeit wichtig gewesen, teilweise aber berichten die Erzieher von ganzen Bereichen, wie Sexualpädagogik, die sie aus Unsicherheit und Angst vor dem Generalverdacht aus ihrer pädagogischen Arbeit ausklammern. Doch Vermeidungsstrategien können nicht die Lösung für den Umgang mit der Unsicherheit und der Angst der Erzieher sein und dürfen nicht das pädagogische Handeln bestimmen.